PIM und CPQ – eine Betrachtung der Kontextualität!
Wir freuen uns einen weiteren EXPERT_TALK mit Ihnen zu teilen. Heute mit dabei ist Achim Beckmann, Managing Director bei In Mind Cloud.
Achim Beckmann stellt in diesem Interview das Unternehmen In Mind Cloud vor. Außerdem spricht er über konkrete Trends am Markt und welche Rolle PIM (Product Information Management)-Systeme und gute Produktdaten im Kontext von CPQ (Configure Price Quote ) spielen.
Durch das Interview führt Sie Marco Kahler, Director PIM bei der valantic CEC Deutschland GmbH, seinerseits Experte rund um das Thema PIM.
Marco:
Hallo Achim, ich freue mich sehr, dich im valantic EXPERT_TALK begrüßen zu dürfen. Du bist Managing Director bei der In Mind Cloud Global GmbH, kannst du dich und In Mind Cloud kurz vorstellen?
Achim:
Hallo Marco, vielen Dank für die Einladung! Sehr gern!
Mein Name ist Achim Beckmann und ich bin seit Januar 2022 bei In Mind Cloud. Vorher war ich 18 Jahre im SAP-Umfeld unterwegs. Angefangen habe ich mit Java und ABAP Development. Anschließend habe ich Schnittstellen unter Zuhilfenahme diverser Middleware Technologien entwickelt und konzipiert. Das brachte mir dann ein paar Engagements als Lead Architekt und technischer Projektleiter ein. Nachdem die SAP die Übernahme von Hybris bekannt gegeben hatte, habe ich das heutige SAP Commerce bei zwei SAP Beratungshäusern aufgebaut. Ich bin meines Erachtens ziemlich gut darin, technische Zusammenhänge einfach zu beschreiben und hatte die letzten 10 Jahre immer das Glück bei neuen Technologien und Technologietrends mitwirken zu dürfen.
Kurz zur In Mind Cloud: Wir sind im letzten Jahr 10 Jahre alt geworden und Softwareanbieter für eine digitale Vertriebsplattform aus der Cloud, die auf die speziellen Anforderungen im Vertrieb komplexer Produkte zugeschnitten ist. Vom Management der Verkaufschancen über die Erstellung von Angeboten mit konfigurierbaren Produkten bis hin zum Auftrag können wir den Vertrieb nahtlos unterstützen. Auch ein Self-Service Kundenportal mit Equipments und Ersatzteilstücklisten oder Kaufregistrierung ist Teil der Lösung. Bestandteile, die einzeln, aber bevorzugt auch zusammen verwendet werden können, sind Bestandteile, die wir anbieten sind ein Self-service Kundenportal, das Variantenmanagement und die Angebotskalkulation und ein Customer-Relationship-Management. Diese Komponenten können einzeln aber bevorzugt auch zusammen verwendet werden.
Marco:
Danke für die ausführliche Vorstellung, ihr bewegt euch also mit In Mind Cloud in der Welt der Konfigurations-Softwarelösungen. Auch hier gibt es natürlich wie so oft in der Softwarewelt ein Kürzel – CPQ. Nach meiner Wahrnehmung gibt es hier verschiedene Anbieter mit verschiedenen Motivationen. Wie siehst du den Markt? Welche Motivation hat In Mind Cloud?
Achim:
Ich sehe sehr konkrete Trends am Markt. CPQ steht für Configure, Price und Quote. Das Marktforschungsunternehmen Forrester definiert CPQ beispielsweise folgendermaßen:
„An integrated suite of software applications that enhance sales productivity across channels by automating or guiding the processes of product configuration, pricing, and quoting in order to deliver the right product recommendations at the right prices to each buyer.“
Der erste aktuelle Trend ist die Spezialisierung.
Es gibt CPQ-Anbieter, die sich von der Konfiguration im Kontext der Vertriebsunterstützung wegbewegen und sich Richtung Product Lifecycle hinbewegen. Das ergibt natürlich großen Sinn, wenn man CPQ aus der Sicht der Produktentwicklung angehen möchte und dies als Ergänzung zum Produktlebenszyklusmanagement-System, kurz PLM, betrachtet.
Im Forrester finden sich einige Lösungen, die sich eher auf einzelne Teilbereiche des CPQ-Prozesses konzentrieren. Sie verlieren hierbei jedoch oft den Gesamtprozess aus dem Fokus.
Wir von In Mind Cloud spezialisieren uns auf den lückenlosen End-to-End Prozess vom Lead über das Angebot bis zum Ersatzteilgeschäft zur Vertriebsunterstützung für die Fertigungsindustrie im Mittelstand.
Ein zweiter Trend ist die Konsolidierung.
Diese ist derzeit deutlich am Markt zu erkennen. Etablierte Anbieter wie CAMOS, VSX und Tacton werden Teil von Fusionen und Übernahmen. Dies zeigt mir, dass die CPQ-Prozesse in der Zwischenzeit von Industrieunternehmen aktiver nachgefragt werden und dass sich die IT-Anbieter somit auf die steigende Nachfrage mit Prozesstiefe durch Übernahmen vorbereiten.
Der dritte Trend geht zur Cloud.
Aus Ausschreibungen und Kundenterminen wissen wir, dass auch im CPQ Bereich zunehmend Cloudlösungen nachgefragt und akzeptiert werden.
Wir von In Mind Cloud sind vor 10 Jahren mit unserem CPQ direkt in der Cloud gestartet und haben hier sehr viel Erfahrung und Wissensvorsprung. So haben wir beispielsweise in den letzten Monaten unsere Plattform auf eine Hyperscale-Architektur umgebaut, um unseren Kunden mehr Flexibilität und Performance bieten zu können.
Darüber hinaus haben wir vor ein paar Jahren begonnen, unsere Plattform neben den zentralen CPQ-Funktionen um ein CRM und viele Commerce Funktionen zu erweitern. Wir haben festgestellt, dass nicht nur die Vertriebsmitarbeiter unserer Kunden konfigurieren müssen, sondern dass auch hier im Kontext der Customer Experience möglichst viele Kanäle zum Endkunden aufgebaut werden müssen. Daher können wir mittlerweile mit unserem Standardprodukt einfache wie komplexe Konfigurationen, Anfragen konfigurierter Produkte für Interessenten, Kunden und Partner sowie Ersatzteilbestellungen zentral über unsere Plattform abwickeln.
Ein vierter Trend ist das Zusammenspiel von CPQ mit CRM, E-Commerce und ERP-Systemen.
Forrester hat uns kürzlich im Report „Configure, Price, Quote Solutions Landscape, Q1 2023“ attestiert, dass wir aus 37 analysierten CPQ Lösungen führend im Bereich CPQ sind. Hier decken wir im direkten Vergleich die meisten als notwendig erachteten Funktionsbereiche ab. Mit unserer E-Commerce und CRM Funktionalität können wir uns nahtlos in existierende CRM Systeme von SAP, Salesforce und Microsoft integrieren und so einen lückenlosen Prozess im Vertrieb unterstützen – wir können diese aber auch zentral auf unserer Plattform nutzen.
Damit haben wir von In Mind Cloud den Begriff der Digital Sales Platform geprägt, der für das Zusammenspiel von E-Commerce, CPQ und CRM auf einer zentralen Plattform mit tiefer SAP ERP Integration steht.
Der fünfte und letzte Trend ist die Standardisierung in der Fertigungsindustrie.
In den letzten 10 Jahren haben wir miterleben dürfen, wie unsere Kunden ihre Produkte zunehmend standardisieren. War in der Vergangenheit jede produzierte Maschine ein Unikat, so werden nun zunehmend standardisierte Baugruppen und Komponenten eingesetzt. Die Vorteile für Konstruktion, Angebotserstellung und Produktion liegen auf der Hand. Dennoch haben die Endkunden sehr großen Bedarf an Individualisierung. Hier spielen zwei Prozesse eine dominante Rolle: Configure to Order (CtO) und Engineer to Order (EtO).
Wir von In Mind Cloud unterstützen beide Prozesse. So können wir ein standardisiertes Produkt über CtO konfigurieren und die notwendigen kundenindividuellen Anforderungen dann weiter über EtO Prozesse mit nahtloser SAP ERP Integration ergänzen.
Marco:
Sehr spannend! Danke für deine ausführliche Antwort. Kannst du mir etwas zur Abgrenzung zwischen In Mind Cloud und SAP verraten?
Achim:
Die SAP selbst hat ebenfalls ein CPQ und eine Commerce Komponente auf dem Markt. Allerdings haben wir in jüngster Vergangenheit mehrmals festgestellt, dass diesen Lösungen die funktionale Tiefe für die Fertigungsindustrie fehlt. Wir sind bei In Mind Cloud spezialisiert auf die mittelständische Fertigungsindustrie, einschließlich Engineer to Order (EtO), und verfügen hier über sehr tiefgehende Funktionalitäten. SAP adressiert vornehmlich die Large Enterprises. Damit sieht es zwar auf den ersten Blick so aus als wären wir Konkurrenten, ehrlicherweise adressieren wir aber unterschiedliche Kundensegmente. Ein weiterer Punkt, der als Abgrenzung und für In Mind Cloud angeführt werden sollte, ist unser Plattformansatz: Wir bieten ein Self Service Portal beziehungsweise Commerce und CPQ auf einer zentralen Plattform an. Somit müssen wir keine Schnittstellen zwischen den Lösungen aufsetzen. Wer unsere Digital Sales Platform vollumfänglich nutzt, der integriert diese lediglich einmal in das SAP ERP. Anschließend laufen die Prozesse schnell und reibungslos in unserer Plattform ohne Systembrüche und Schnittstellen.
Marco:
In deinen Trends sprichst du unter anderem auch über angrenzende Lösungen wie ein CRM etc., ich vermisse hier ein PIM. Welche Rolle spielt das Thema PIM oder auch Master Data Management, MDM, in eurem Kontext?
Achim:
Dies ist eine sehr gute Frage! Ich habe zu Beginn erläutert, dass wir vom CPQ Hersteller zum Anbieter einer Digital Sales Platform geworden sind. Das heißt, dass wir an diversen Stellen in unseren End-to-End Prozessen mit Produktdaten und Printausleitungen in Kontakt kommen. Schauen wir uns hier einmal zwei Beispiele an:
- Ein B2B Self Service Portal mit Ersatzteilidentifikation: Hier bieten wir unseren Maschinenbaukunden die Möglichkeit, auf Basis von 2D- und 3D-Modellen die Identifikation von Ersatzteilen signifikant zu vereinfachen. Bevor Kunden Ersatzteile bestellen, wollen sie bestens informiert und vor allem sicher sein, dass es sich um das richtige Produkt handelt. Schließlich kann hier ein Stillstand an einer Maschine vorliegen, welcher schnellstens und mit möglichst wenig Zeitverlust behoben werden muss. Hier kommen Produktdaten sowie Medien wie Reparaturanleitungen, Videos, Bilder usw. zum Einsatz. Diese werden idealerweise strukturiert in einem PIM-System aufbereitet, dann von unserer Plattform konsumiert und helfen so dem Kunden bei der Identifikation des passenden Produktes.
- Das Guided Selling: Um den Vertriebsmitarbeiter bei der Vorkonfiguration und Auswahl der richtigen Angebotskomponenten zu unterstützen, leitet unsere Lösung durch die unterschiedlichen Varianten. Hierbei kommen Texte, Bilder und andere Produktdaten aus dem PIM zum Einsatz.
- Die Angebotsgenerierung: Die Kernfunktion unserer Digital Sales Platform bildet unsere CPQ-Lösung. Hier werden Angebote erstellt, Produkte konfiguriert, Preise kalkuliert und letztlich das Angebotsdokument für den Kunden generiert. Hier zeigt sich zunehmend, dass die Anforderungen an Angebotsdokumente steigen. Ein simples Angebotsdokument mit technischen Merkmalen ist schon lange nicht mehr ausreichend. Die Angebote sind die Visitenkarte des anbietenden Unternehmens nach außen. Daher sollen die Dokumente informationsreich bei gleichzeitig hohen Designanforderungen sein. Hier kommen dann neben Vertriebs- und Konfigurationsdaten auch Produktdaten wie Bilder, Marketingtexte, usw. zum Einsatz, die wiederum sinnvollerweise im PIM-System gepflegt werden. Da PIM-Systeme auch meist für Printexporte eingesetzt werden können, kann ich mir vorstellen, auch hier die technische Printausleitung von PIM-Systemen zu nutzen, hier sind wir noch in der Entwicklung von entsprechenden Funktionen.
Marco:
Eine letzte Frage noch, wo siehst du den CPQ-Markt in 5 Jahren, was sind die Innovationstreiber?
Achim:
Aktuell sehe ich am Markt sehr viele unterschiedliche, teils stark vertikalisierte CPQ-Lösungen. Hier hat der Markt bereits begonnen, sich zu konsolidieren. Ich denke, hier wird die Liste der Anbieter übersichtlicher werden. Weiterhin gehe ich davon aus, dass zunehmend standardisierte Speziallösungen mit tiefer Branchenexpertise aber breiter Prozessunterstützung gefragt werden und dass der Trend noch weiter weg von Individualentwicklungsprojekten gehen wird. Die Standardisierung ist der Grundstein für Updatefähigkeit, Integration in Umsysteme sowie die Partizipation an Innovationen durch die Softwarehersteller.
Bezüglich der Innovationstreiber sehe ich drei Themen:
- Im Bereich der Konfiguration einschließlich der nachgelagerten Prozesse ist Performance immer ein großes Thema. Weiterhin ist ein Trend zu erkennen, dass auch Hersteller von On Premise CPQs in der Zwischenzeit auf den Cloud-Zug aufsteigen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in 5 Jahren nicht mehr über On Premise Lösungen sprechen, sondern dass lediglich noch performante Lösungen aus der Cloud gefordert werden.
- Der aktuelle ChatGPT Hype zeigt, dass Künstliche Intelligenz im Vormarsch ist. Natürlich stellen wir uns auch im Bereich unserer Digital Sales Platform die Frage, in welchen Bereichen KI Mehrwerte liefert und wie eine sinnvolle Unterstützung hier aussehen könnte.
- Wenn ich mir den Lebenszyklus einer Maschine ansehe, dann erblickt eine Maschine mit der Vertriebskonfiguration sinnbildlich das Licht der Welt. Wir sprechen seit Jahren über den Digitalen Zwilling und die “Produktnutzung als Service“. Dies sind Themen, die aus meiner Sicht allesamt zusammengehören, für die wir mit unserer Digital Sales Platform bereits einen sehr guten Grundstein gelegt haben.
Marco:
Vielen Dank für das Interview!