Die „Winds of Change“ treiben die Digitalisierung.

Welche „Mannschaft“ und welche „Steuerleute“ brauchen Unternehmen heute?

Aktuelle Entwicklungen wie die zunehmende Bedeutung des Online-Handels (E-Commerce), mobile Anwendungen (Apps, Mobile Commerce), Social Media, Künstliche Intelligenz und Big Data haben dazu geführt, dass IT-Themen immer stärkeren Einfluss auf Marketing und Vertrieb von Unternehmen nehmen.

Beispiele sind:

  • Datenbank-gestützte Produktion von Dokumenten (Print und Database Publishing),
  • Verwaltung von Produktdaten (Product Information Management, PIM),
  • automatische Übersetzungen (Translation Management),
  • Plattformen für das Management von Kundendaten (CDP – Customer Data Platform),
  • Verwalten von Mediendaten (Media Asset Management, MAM),
  • automatische Vorgangsbearbeitung (Workflow Management)
  • und vieles mehr.

Daten werden heute mehr denn ja als wichtigster Rohstoff angesehen und effizientes Datenmanagement zunehmend als großer Wettbewerbsvorteil für Unternehmen betrachtet. Die fortschreitende Digitalisierung von Geschäfts- und Produktionsprozessen sowie darauf basierende ganz neue Geschäftsmodelle werden diese Entwicklung noch stark beschleunigen.

Daraus resultieren neue Anforderungen an die involvierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen, IT-Fachkräfte benötigen zur Konzeption neuer Systeme und Anwendungen wesentlich mehr Marketingwissen, während gleichzeitig die Anforderungen an Marketers und Vertriebler hinsichtlich IT-Kenntnisse ansteigen. Insgesamt wird also vor allem interdisziplinäres Wissen heute stark gefragt.

Dabei stellt sich für Unternehmen zunehmend die Frage, über welche Skills und Qualifikationen die erforderlichen Fachkräfte eigentlich verfügen müssen und welche Berufsausbildungen und Studiengänge die notwendigen Voraussetzungen zur Bewältigung der o.g. Herausforderungen am besten abdecken? Reicht eine qualifizierte Berufsausbildung und mehrere Jahre Berufspraxis aus oder benötigt man angesichts der enorm gestiegenen Komplexität eher akademisch vorgebildetes Personal?

Eine Analyse verschiedener Studiengänge hat gezeigt, dass die IT-bezogenen Studienrichtungen oft wenig bis kein Wissen über Marketing und Vertrieb vermitteln, während wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge zu wenig oder kein detailliertes Wissen über Daten- und Informationsmanagement anbieten. Obwohl aktuell hier und da auch neue Studiengänge mit Fokus Digitalisierung entstehen, haben Unternehmen aktuell große Schwierigkeiten, geeignetes Fachpersonal zu akquirieren und offene Stellen zu besetzen. Dazu kommt, dass in Deutschland bei IT-Fachkräften ohnehin schon ein großer Mangel besteht, weil diese u.a. auch bei der Umstellung auf digitalisierte Produktion auch in anderen Bereichen dringend benötigt werden, z.B. in Produktion und Logistik, aber auch im Finanzsektor. Diese Mangelsituation am Stellenmarkt führt natürlich auch zu steigenden Gehältern und daher ungünstigerer Kostensituation der Unternehmen.

Da in den meisten Fällen die notwendigen Fachkräfte nicht „von der Stange“ erhältlich sind, müssen die erforderliche Kenntnisse oftmals „on the job“ vermittelt werden. Dabei stellen sich dann u.a. folgende zusätzliche Probleme:

  • Jüngere Mitarbeiter, die zu den sog. Generationen „Y“ und „Z“ gehören, haben oft veränderte Einstellungen zu Unternehmen als vorangegangene Altersstufen, z.B. abnehmende Loyalität zum Arbeitgeber, Wunsch nach mehr Selbstverantwortung, aber auch bessere Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben („Work-Life-Balance“).
  • Die Rolle von Führungskräften muss angesichts geänderter Einstellungen und Werten oft neu definiert werden.
  • Die Attraktivität von Städten und Regionen als Arbeits- und Lebensort wird wichtiger.
  • Die Gestaltung der Arbeitssituation (z.B. flexible Arbeitszeitregelungen) und des Arbeitsplatzes (z.B. „Open Space“) hat starken Einfluss auf Job-Entscheidungen.

Um die großen Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein ist es für die Unternehmen daher entscheidend, über ganz neue Konzepte zur Findung neuer Mitarbeiter /-innen und langfristigen Bindung an das Unternehmen sowie zur Gestaltung von Führungssystemen und Anreizsystemen zur Mitarbeitermotivation nachzudenken.

Autor:

Prof. Dr. Hermann Siebdrat

Geboren in Siegen. ab 1989 Aufbau des neuen Studiengangs Wirtschaftsinformatik und der erste Doktorand der Wirtschaftsinformatik in Siegen Doktorarbeit (1994!) über Multimedia und Expertensysteme (Künstliche Intelligenz)

Nach verschiedenen beruflichen Stationen:
seit 18 Jahren Professor für Wirtschaftsinformatik an der Technischen Hochschule Köln.
Vorlesungen u.a. in den Bereichen Anwendungssysteme, Marketing und Vertrieb, Projektmanagement

Freiberuflich / Selbstständig, China Business Consultant.